Mittelalter-Spiele gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Die meisten beschäftigen sich allerdings mit den Schlachten an sich, den Kämpfen als Ritter oder anderen Kleinigkeiten. Asobo Studios fährt mit „A Plague Tale: Innocence allerdings eine ganz andere Schiene.
A Plague Tale: Innocence erzählt die Geschichte eines Geschwisterpaars, welches im Mittelalter aufwächst und welche zusammen um das Überleben kämpfen müssen. Und eines können wir jetzt schon sagen. Das Studio hat gezeigt, dass man aus wenig sehr viel machen kann, wenn man sich an etwas neues wagt, was es in dieser Form so noch nicht gab. Aber lasst euch lieber überraschen, was wir bei unserem Test von A Plague Tale: Innocence erlebt haben.
Auf sich allein gestellt
Das Spiel A Plague Tale: Innocence spielt wie gesagt in der Mittelalter-Zeit, genauer gesagt im 14.Jahrhundert. Zu Beginn spielen wir die 14-jährige Amicia. Ihr vollständiger Name lautet Amicia de Rune und vom Verhalten her könnte man eher sagen, sie ähnelt einem Jungen. Statt den damals typischen Mädchenaktivitäten nachzugehen, begleitet sie lieber mit ihrem Hund ihren Vater bei der Jagd und übt auf dem Weg den Umgang mit ihrer Steinschleuder. Auf der Jagd geschehen jedoch grauenvolle Dinge und auch Amicias Hund überlebt diese Jagd nicht.
Als sie schlussendlich wieder daheim angelangt sind, gelangt die sogenannte Inquisition auf das Gelände der „de Runes“ und ermorden alle Angestellten und auch jeden, der sich ihnen in den Weg stellt. Nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass sie auf der Suche nach Hugo de Rune sind. Hierbei handelt es sich um Amicias Bruder. Zu sagen, dass die beiden ein angespanntes Verhältnis haben, würde die Sache nicht gut genug beschreiben. Aufgrund der Tatsache, das Hugo an einer Krankheit leidet, lebt er verhältnismäßig isoliert, während seine Mutter nach einem Heilmittel sucht und Amicia sieht ihn nur sehr selten.
Nun jedoch wird Amicia von ihrer Mutter angewiesen, ihren Bruder zu beschützen und zu einem Doktor zu bringen. Zunächst fliehen sie gemeinsam, aber ihre Mutter rettet den beiden Kindern das Leben, um ihr eigenes zu „opfern“ und das Geschwisterpaar flüchtet ins Ungewisse. Während dieser Flucht baut Amicia nach und nach eine Beziehung zu ihrem Bruder auf und muss gleichzeitig versuchen, sich selbst und ihn in Sicherheit zu bringen, um ein Heilmittel für Hugos Krankheit zu finden. Dies ist allerdings nicht leicht, wenn einem zeitgleich die Inquisition, ein wilder Mob oder auch die Pest in Form von einer Rattenplage dauernd den Weg versperrt. Asobo Studios wusste genau, wie sie ihre Charaktere aufbauen müssen, damit man mit der Geschichte praktisch mitfühlen kann!
Ich würde für dich töten!
Dieser Spruch wird in A Plague Tale: Innocence zur grausamen Tatsache. Zu Beginn sieht alles nach einem der typischen Schleichspiele aus, allerdings ist das Spiel viel mehr als das. Im Verlauf der Zeit erlebt man eine sehr emotionale Geschichte, welche die 2 Geschwister erleben. Angefangen bei einer Hetzjagd durch ein Dorf, welches von der Pest befallen wurde bis hin zum ersten Tötungsdelikt seitens Amicia, an welchem sie sehr zu knabbern hat, obwohl sie damit nur ihren Bruder verteidigen wollte.
Im Verlauf der Geschichte erlebt man immer mehr Abgründe der Seele und man erlebt, was man selbst alles tun würde, um zu überleben. Was das ist? Nun, so ziemlich alles. Man klettert über Berge von Leichen, da es keinen anderen Weg gibt, lässt Wachen von Ratten bei lebendigem Leib fressen oder opfert ein Schwein, damit die Ratten abgelenkt sind. Zu Beginn ist Amicia die Person, die die meisten Aufgaben erledigen muss, da Hugo noch zu viel Angst hat oder von seiner Krankheit in Schach gehalten wird. Dies bedeutet aber keineswegs, dass der kleine Junge nur hilflos und nutzlos ist. Er kann durch kleine Löcher kriechen, um verschlossene Türen zu öffnen oder mithilfe von Amicia höher gelegene Gegenden erreichen um ihr dann ein Hilfsmittel zum Klettern runterzuschieben. Sie dagegen übernimmt als Arbeiten die mit Muskelkraft zu tun haben und hilft Hugo beim Klettern. Ansonsten hält sie ihn fest an der Hand, um ihn ja nicht zu verlieren!
Asobo Studios hat die Beziehung der beiden perfekt dargestellt. Amicia ist stark für ihren kleinen Bruder, obwohl sie selbst Angst hat und teilweise nicht weiter weiß, lässt sie dies Hugo nie sehen sondern versucht als Beschützerin und große Schwester für ihn da zu sein. In Hugo sieht man auch den kleinen Jungen, der er noch ist. Er hat von der Außenwelt bisher nicht viel gesehen und wirkt in einem Moment sehr ängstlich und im anderen total aufgedreht, wenn er die Frösche am Sumpf springen sieht. Auch zeigt er seine Angst deutlich anhand der Körpersprache und seinen angstvollen Aussprache des Namens seiner Schwester. Aber er kann auch quengeln und versteht zu Beginn nicht alles, was sie tun und benimmt sich in wenigen Sequenzen wie ein bockiges Kind. Während die Geschwister zu Beginn der Reise sehr ängstlich sind, werden sie im Laufe der Zeit immer mutiger und setzen sich auch mehr als einmal zur Wehr, wenn es sein muss.
Aber es gibt auch kleine, sehr emotionale Geschehnisse, die man sogar verpassen kann. Beispielsweise kann Amicia einen Apfel pflücken, um diesen Hugo zu überreichen, der Hunger hat. Hugo findet Blumen und steckt diese Amicia in die Haare, da sie so hübscher aussehe.
Spielerisch zu Beginn simpel
Wie bereits erwähnt ist der Anfang des Spiels zumindest Gameplay-technisch relativ schlicht gehalten. Zumeist ist man gezwungen, zu schleichen und damit der Inquisation aus dem Weg zu gehen, indem man hinter Objekten langschleicht oder sich das hohe Gras zu nutzen macht. Wachen gilt es hier abzulenken, indem man kleine Steine auf Metall wirft oder Töpfe wegwirft, damit diese Lärm verursachen. Wichtig ist es, nicht die Schleuder zum Ablenken zu benutzen, da diese zu viel Lärm verursacht.
Im Verlauf der Zeit lernt Amicia auch das Kämpfen mit der Schleuder. Trifft sie damit den Gegner am Kopf, ist dieser sofort tot, allerdings sind sowohl Amicia als auch Hugo bei einem Treffer tot. Wachen welche am Kopf geschützt sind, können so natürlich nicht getötet werden. Allerdings lernt Amicia im Verlauf des Spiels einige Vorzüge der Alchemie kennen, welche ihr ein Freund „beibringt“. Hier kommen allerlei nützliche Hilfsmittel bei heraus, wie „Devorantis“. Trefft ihr damit den Helm des Gegners, ist dieser gezwungen, ihn schnell abzunehmen und schon könnt ihr ihn mit einem gut gezielten Treffer der Steinschleuder töten.
An einigen Stellen kann man das Töten umgehen, bei anderen jedoch kommt ihr nicht drum herum. Bei Bosskämpfen seid ihr beispielsweise gezwungen, eurem Gegenüber für immer das Licht auszupusten, da diese euch keine andere Wahl lassen.
Amicia, die Handwerkerin
Nein, damit meinen wir nicht, dass Amicia den Beruf erlernt. Stattdessen lernt sie, mit der Werkbank Objekte zu verbessern oder sich selbst neue Munition herzustellen, abgesehen von der Standardmunition, welche natürlich nur in Form von Steinen gefunden werden kann.
Die bereits erwähnten Hilfsmittel, welche ihr erlernen und selbst herstellen könnt, benötigen natürlich Materialien. Diese findet man im Verlauf der Geschichte an den verschiedensten Stellen und es lohnt sich definitiv, alles einzusammeln, was es gibt. Es ist beispielsweise möglich, damit Objekte in Brand zu setzen oder zu löschen. Das hört sich vielleicht nutzlos an, ist es aber nicht. Ratten, und davon gibt es in A Plague Tale: Innocence zig Tausende, fürchten das Licht.
Nun nehmen wir einmal an, ihr müsst euch den Weg durch einen Tunnel bahnen, der voller Menschen fressender Ratten ist und es sind im Abstand von einigen Metern gelöschte Fackeln könnt ihr diese mit eurer Brand-Munition anzünden und euch so einen Weg bahnen oder eine Wache, welche euch nicht vorbeilassen würde, von Ratten verschlingen lassen. Dies funktioniert, wenn man mit Amicias Schleudermunition die Fackel der Wache löscht und diese so nun von den Ratten aufgefressen wird.
An dem Werktisch dagegen kann man die Ausrüstung von Amicia verbessern. Die Schleuder verursacht so zum Beispiel weniger Lärm, sie kann durch das Entfernen bestimmter Materialien ihrer Schuhe lautloser schleichen und auch die Alchemie-Gegenstände werden verstärkt. All dies benötigt allerdings eine Menge Materialien. Haltet daher unbedingt die Augen auf, wenn ihr unterwegs seid, um nichts wichtiges zu vergessen. Im späteren Verlauf kann man sich sogar einen Gegenstand herstellen, welcher einen einmalig vor Ratten oder Inquisator-Mitgliedern retten kann.
Singleplayer-Spiel vom Feinsten
Das Gameplay selbst nimmt ungefähr 12-15 Stunden Spielzeit in Anspruch und wird auf 17 Kapitel aufgeteilt und wir müssen sagen: Während des Spiels verging die Zeit wie im Flug. Wir haben neben der Hauptaufgabe versucht, alle Sammelobjekte zu finden. Diese erzählen dem Spieler sogar einige wichtige Informationen über das Mittelalter. Hat man einmal eines übersehen, kann man das Kapitel natürlich auch neu starten.
Schade ist nur, dass es keine verschiedenen Endings gab, welche man erreichen kann, so wie es bei anderen Singleplayer-RPGs der Fall ist. Aber dies ist nur ein kleines Manko, da uns das aktuelle Ending sehr gefallen hat und wer weiß…vielleicht folgt ja irgendwann eine Fortsetzung.
Grafik und Sound einfach nur beeindruckend
Richtig beeindruckt waren wir neben der Geschichte auch von der Technik. Die vielen verschiedenen Zwischensequenzen haben uns gefesselt, da hier wirklich alles bedacht wurde. Der Detailreichtum und die Mimik bzw. das Verhalten der Charaktere hat uns begeistert, vor allem in den Sequenzen. Man konnte wirklich erkennen, wann ein Charakter Angst hatte, wütend war oder sich über etwas Gedanken gemacht hat. In der Spielwelt selbst wirkte dies ein wenig steifer, aber das hat uns nicht wirklich gestört.
Beeindruckend waren auch die Grafiken der Umgebung und die Details, welche hier verwendet wurden. Vor allem, da es sich bei dem Spiel um eine Indie-Produktion handelt. Es gibt ein großes Schlachtfeld voller Leichen, kleine Dörfer, große Städte, Wälder, ein Aquädukt, einen See, unheimliche Keller und vieles mehr. Die Texturen wirkten scharf und es gab sehr gute Lichteffekte.
Die Sprachausgabe des Spiels gibt es auf Englisch und Deutsch und uns haben beide sehr gut gefallen. Auch der Soundtrack war passend ins Spiel integriert und hat sich je nach Gegebenheiten von relativ ruhig und melancholisch ganz schnell ins Gegenteil gewandelt, wenn im Spiel eine Gefahr gedroht hat.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.