Nach Die Eiserne Hand legt Panini mit Die Spinne den zweiten Kobra-Klassiker als hochwertigen Sammelband vor.

Das legendäre Kobra-Magazin brachte in den 1970er Jahren verschiedene Comics aus England, die dort in den 1960er Jahren erschienen waren, als wöchentliche Fortsetzungsgeschichten auf den Markt. Darunter der Robotermann Archie, Mytek, das Affenmonster, Das Magische Auge, Die Eiserne Hand (Der Unsichtbare) und die viele andere Abenteuer-, Science-Fiction-, Fantasy- und Horror-Erzählungen, die sich vornehmlich an eine erwachsenere Leserschaft richteten. Ein weiterer Comic, der inzwischen Kultstatus erreicht hat, lief in Kobra unter dem Titel Spiderman und erzählte die Geschichte eines kriminellen Genies mit einer futuristischen Ausrüstung, der – wie hätte es sonst, zu dieser Zeit sein können – als Superverbrecher die Welt beherrschen wollte. Nach Die Eiserne Hand, bringt Panini nun auch diesen Kobra-Klassiker erstmals chronologisch gesammelt und neu übersetzt als großformatiges Album mit dem Titel Die Spinne – Der König des Verbrechens heraus.

Die Spinne sieht ein wenig wie ein Alien aus: Eine Mischung aus dem spitzohrigen Mr. Spock aus Raumschiff Enterprise und dem geheimnisvollen Supergauner Fantomas – beides seinerzeit sehr angesagte Figuren, die wohl auch die Autoren inspiriert haben dürfen.

Die Spinne will – ausgestattet überragender Intelligenz und einer futuristisch anmutenden Ausrüstung, wie einer Netzpistole, einem Power-Anzug, einem Raketenpack, der ihn fliegen lässt, sowie einem Hubschrauber, der mehr an ein Raumschiff erinnert – die Welt terrorisieren und sich zum Herrscher eines weltumspannenden Verbrechenssyndikats aufschwingen. Dabei muss er sich nicht nur der Polizei erwehren, sondern auch diverser anderer Gauner, die ebenfalls über spezielle Kräfte und Maschinen verfügen, und der Spinne den Platz an der Spitze streitig machen wollen. Dazu gehören unter anderem Der Illusionist und der mysteriöse Dr. Mysterio. Später wandelt sich Die Spinne dann vom Superverbrecher zum Superagenten im Dienst der Krone, um andere Superverbrecher zu bekämpfen.

Dass viele Pläne und Taten der Spinne heutzutage beim Lesen eher Stirnrunzeln und Grinsen als Panikattacken hervorrufen, ist der Zeig geschuldet. In den 1960er und 1970er Jahren war Die Spinne ganz sicher der ultimative Schurke und die Geschichten haben im englischen Lion-Magazin Woche für Woche eine riesige Leserschaft begeistert. Tatsächlich gehörte The Spider, der ab 1965 fester Bestandteil des Magazins war, dort zu den beliebtesten Charakteren. Die Reihe zählt heute zu den Klassikern, an denen sich viele Comic-Schaffende in der Folge orientierten. Sicher auch, weil Superman-(Mit)Erfinder Jerry Siegel kurz nach dem Start der Reihe die Autorenschaft übernahm. Seine ersten Storys finden sich am Ende des soeben erschienenen Panini-Bandes.

The Spider (auch The Spider’s Syndicate of Crime) wurde nahezu zeitgleich, aber unabhängig – zumindest heißt es das – zuThe Amazing Spider-Man in den 1960er Jahren entwickelt. In Deutschland erschien die Figur erstmals im Februar 1975 unter dem Namen Spiderman, da Die Spinne zu diesem Zeitpunkt hierzulande schon von Marvels freundlichem Netzspinner von nebenan besetzt war. Im wöchentlich erscheinenden Kobra-Magazin kamen die Abenteuer – wie schon das Original im Lion-Magazin – als drei- bis sechsseitige Fortsetzungsgeschichten. Dies bedingt die etwas seltsam anmutende Aufteilung in Kurzkapitel, mit sich wiederholenden Zusammenfassungen, die in der Kollektion zwar redundant wirken, aber einfach zu dieser Art Geschichten und ihrer Zeit gehören.

Bei der Neuübersetzung hat sich Panini bemüht, den alten, pathetischen und etwas knöchernen Erzählstil beizubehalten, der – so war es damals üblich – vieles, was man im Bild sieht, noch einmal erklärt. Alles andere wäre den Geschichten aus den 1960er Jahren nicht gerecht geworden. Oliver Hoffman hat hier als Übersetzer Großes geleistet.

Als comic-historisches Dokument ist diese chronologische Sammlung von Die Spinne ein Traum, aber darüber hinaus macht es Spaß, sich mit der Welt des Supergauners auseinanderzusetzen, zu erleben (und bisweilen darüber zu schmunzeln), was die Autoren damals für gefährlich, fantastisch und unglaublich böse hielten. Und die Zeichnungen von Reg Bunn bis heute mit zum Besten, was die Comic-Welt gesehen hat!